Jahrgang 2 Nr. 0 vom 9.06.2001
 

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Lieben Sie Hunde?

Ist Ihnen schon aufgefallen, mit wieviel Vorsicht viele Türken an den vielerorts auf den Straßen liegenden Hunden vorbeigehen? Man tut gut daran, es ihnen nachzutun. Nicht nur wegen der auch in Istanbul immer wieder auftretenden Tollwut.

Mir selbst ist es erst vor zwei Wochen wieder passiert. Auf einem Spaziergang wollte ich eine schöne Seitenstraße benutzen. Sie wurde weitgehend durch ein parkendes Auto versperrt. Daneben hatte sich ein Hund zusammengerollt. Beim Versuch, an dem Hund vorbeizukommen, wurde ich gebissen. Nichts schlimmes. Ein Kratzer. Aber dann die mulmige Frage: Und wenn der Hund Tollwut hat?

Tatsächlich war der Hund eigenartig - auch Straßenhunde gehen Menschen aus dem Weg und greifen nur an, wenn sie keinen anderen Ausweg sehen. Die Befragung von Nachbarn ergab, daß der Hund geimpft sei und daß man sich nichts dabei denken solle: Der Hund habe bereits ein dutzend Passanten gebissen, das habe nichts mit Tollwut zu tun.

Voller Wut besuchte ich unseren Muhtar (Ortsvorsteher). Auch der wußte von dem Hund. Man habe ihn schon abholen wollen, aber die Leute in der Umgebung haben sich dagegen gewehrt. Und die Aktion der Stadtverwaltung im letzten Jahr, als sie begannen, Hunde zu vergiften, habe auch ein sehr schlechtes Echo gefunden.

Nachdem ich einige Male darauf bestand, rief der Muhtar dann die Stadtverwaltung an. Zwei Tage später sollte der Hund abgeholt werden. Fünf Tage später hörte ich, daß der Hund jemand anderes gebissen habe ...

Ob das nun ein Thema für die Zeitung ist? Ich habe gezögert, es aufzuschreiben, bis ich am Freitag (8. Juni) den Bericht über einen tollwütigen Hund im Dorf Tokatköy im Bezirk Beykoz in den Star-Nachrichten gesehen habe. Der Hund war regelrecht Amok gelaufen und hat 15 Menschen, darunter einige Kinder, gebissen. Es stellte sich heraus, daß der Hund tatsächlich Tollwut hatte. Ein teil der Opfer liegt nun im Krankenhaus unter Beobachtung. Das Dorf steht unter Quarantäne.

Tollwut läßt sich - auch in der Stadt - kaum wirklich verhindern. Die Vergiftung von Tieren ist dabei wohl ein sehr drastisches, wahrscheinlich auch kein sehr wirksames Mittel. Soweit ich beobachten konnte, ist einer der Schlüsselfaktoren für das rege Tierleben auf Istanbuls Straßen der Müll, der in offenen Containern gesammelt wird. Soweit Straßenhunde nicht durch Menschen gefüttert werden, stellen diese Müllcontainer eine wichtige Futterquelle dar. Würden die Hunde jedoch vergiftet, würden andere Tiere diese Futterstelle nutzen und ihren Platz einnehmen. Dann wäre vielleicht nicht mehr von einer Hundeplage die Rede sondern von Ratten ...

Da man nun die Tollwut nicht ausrotten kann, nun vielleicht noch ein paar Hinweise, was man tun kann, wenn man von einem Tier gebissen wird.

Sollte es sich nicht um eine größere Verletzung handeln, ist es zunächst sinnvoll an Ort und Stelle nachzuforschen, ob der Hund einen Besitzer hat. Wichtig ist herauszufinden, ob das Tier geimpft ist. Sollte dies der Fall sein, lassen Sie sich den Impfschein geben. Er ist für die weitere Prozedur von großer Bedeutung.

Die Wunde sollte gründlich mit Wasser ausgewaschen werden. Danach sollte unverzüglich ein staatliches Krankenhaus aufgesucht werden. Nicht jedes Krankenhaus betreut diese Fälle - es sind nur solche mit einer Station für Infektionskrankheiten (in Üsküdar beispielsweise das Numune-Krankenhaus). Der Vorgang wird aufgenommen, die Wunde untersucht und - wenn kein gültiger Impfschein vorliegt - eine Impfung vorgenommen.

Grundsätzlich ist außerdem bei jeder Verletzung, wenn nicht bereits vorhanden, eine Tetanus-Impfung sinnvoll.

Da der Impfstoff nicht unbedingt vorrätig ist, muß dieser - auch wenn eine Krankenversicherung vorhanden ist - von einer Apotheke besorgt werden. Es empfiehlt sich, wenn man nicht gut Türkisch spricht, jemanden zum übersetzen und ausreichend Geld mitzunehmen (im vergangenen Jahr kostete der Impfstoff umgerechnet ca. 120.-- DM). Zu den weiteren Vorkehrungen gehört, daß man, soweit möglich, dafür sorgen sollte, daß das Tier unter Beobachtung genommen wird. Sollte es nach 14 Tagen noch am Leben sein, ist klar, daß es nicht von Tollwut befallen war.

Was nun den Nachrichtenbeitrag angeht, der mich zum Schreiben veranlaßte: Tokatköy scheint keine besonders reiche Gegend zu sein. Die Mutter eines der Kinder, die gebissen wurden, erklärte, daß zwar für die erste Impfung das Geld aufgetrieben werden konnte. Für die weiteren nötigen Impfungen reiche ihr Geld auf jeden Fall nicht ...

 

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