Kurzmeldungen: Alle Kurzmeldungen
Die Freilassung des Mörders von Hrant Dink machte ein weiteres Mal deutlich, wie unterschiedlich die Justiz urteilt. Bei den Parteien laufen die Vorbereitungen für die Kommunalwahl, die bei der Iyi Partei vom Austritt prominenter Mitglieder überschattet ist.
Der Besuch war am Rande des G20-Gipfels vereinbart worden und sollte sich auf bilaterale und EU-Fragen konzentrieren. Überschattet wurde er nun vom Krieg Israels gegen die Hamas. Damit ist ein neuer Dissens zwischen beiden Regierungen auf die Tagesordnung gekommen. Doch Gespräche dienen dazu, Meinungsverschiedenheiten zu verringern und in praktischen Fragen Lösungen zu finden.
Auf den ersten Blick überrascht, dass bei allen unterschiedlichen Bewertungen sowohl die türkische als auch die deutsche Regierung grundsätzlich dieselbe Lösungsstrategie verfolgen. Für die deutsche Seite ist die Existenzberechtigung Israels und das Recht auf Selbstverteidigung nicht verhandelbar. Dies wurde auch bei dem Besuch sowohl von Staatspräsident Steinmeier als auch von Bundeskanzler Scholz betont. Das Existenzrecht Israels wird von der türkischen Regierung nicht angezweifelt. Doch sie bewertet den Beschuss von Krankenhäusern und religiösen Stätten als Kriegsverbrechen. Beide Regierungen treten für einen unverzüglichen Waffenstillstand ein. Und beide Regierungen fordern die Umsetzung der UN-Beschlüsse zur Lösung des Palästina-Konflikts durch die Existenz zweier unabhängiger Staaten – Israel und Palästina.
Die Position, die Hamas seien islamische Freiheitskämpfer hat Staatspräsident Erdoğan bei der Pressekonferenz in Berlin nicht wiederholt. Vermutlich wollte er nicht zu einer Eskalation beitragen.
Über Ergebnisse der Gespräche ist bisher nichts bekannt. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Pressekonferenz bereits vor dem Gespräch zwischen Staatspräsident Erdoğan und Bundeskanzler Scholz stattfand. Dass der Dialog kurzfristig fortgesetzt werden soll erfahren wir aus der Ankündigung, dass Bundespräsident Steinmeier in eineinhalb Wochen einen Gegenbesuch antritt.
Zu den wichtigsten deutschen Anliegen an die türkische Regierung gehört die Migration. In diesem Zusammenhang sprach Bundeskanzler Scholz die Schaffung eines Mechanismus an, mit dem abgelehnte türkische Asylbewerber sicher in die Türkei zurückgeführt werden können. Dazu sei eine Arbeitsgruppe zwischen den Innenministerien beider Länder ins Leben gerufen worden. Außerdem habe man sich auf den zügigen Ausbau der Ausbildung islamischer Religionslehrkräfte geeinigt, die darauf zielt, die Entsendung türkischer Imame nach Deutschland zu beenden.
Ob die Vertagung des Ratifizierungsgesetzes zum NATO-Beitritt Schwedens im außenpolitischen Ausschuss des türkischen Parlaments etwas mit den Gesprächen in Berlin zu tun hat, kann man nur mutmaßen. Bundeskanzler Scholz erklärte jedoch, er habe für eine baldige Ratifizierung geworben.
Die Empörung gegen die Angriffe der israelischen Armee gegen zivile Ziele im palästinensischen Gaza-Streifen geht quer durch die Bevölkerung. Die uneingeschränkte Unterstützung der israelischen Regierung durch die europäischen Staaten und die USA hat dazu geführt, dass sie im Hinblick auf Völkerrecht und Menschenrechte stark an Glaubwürdigkeit verloren haben.
In diesem Kontext führen die beiden Regierungschefs Israels und der Türkei einen recht persönlichen Dialog. Staatspräsident Erdoğan, der die Hamas als islamische Freiheitskämpfer bezeichnete, ruft dem israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu zu, dass seine Tage gezählt seien. Dieser antwortet, dass er sich von einer türkischen Regierung, die türkische Dörfer bombardierte, keine Ratschläge anhören müsse. Die Botschafter sind ohnehin seit einiger Zeit abgezogen.
Dabei gibt es zwei Richtungen. Die eine führt das Vorgehen der israelischen Armee auf eine Strategie der israelischen Regierung zurück und macht Ministerpräsident Netanyahu persönlich verantwortlich. Doch es gibt auch die These vom „Terror-Staat“ Israel, die letztlich die Existenzberechtigung des Landes in Frage stellt. Zugleich wurde der Schutz jüdischer Synagogen stark verstärkt, um zu verhindern, dass die Emotionen sich in Anschlägen niederschlagen.
Nach 16jähriger Haft ist Ogün Samast freigelassen worden. Er hatte den armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink 2007 auf offener Straße erschossen und war deswegen zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Gleichwohl wurden die Hintergründe der Tat und eine mögliche Verwicklung staatlicher Stellen nie befriedigend geklärt.
Aufgrund der Empörung, die die Freilassung auslöste, sah sich die Gefängnisverwaltung genötigt, eine Erklärung abzugeben. Sie wies darauf hin, dass Samast seit Februar bereits zwei Anträge auf Freilassung gestellt habe, denen nicht stattgegeben wurde. In der Erklärung findet sich jedoch nicht der Hinweis, dass die Freilassung aufgrund guter Führung mit Beschluss eines Gefängniskomitees vorzeitig erfolgte.
Samast war kein Einzeltäter und ist auch nicht als solcher verurteilt worden. Doch während die erste Instanz urteilte, es gäbe keine Beweise für organisierte Kriminalität, wurde er schließlich auch wegen „Bandenkriminalität“ verurteilt. Ein politisch motivierter Mord und die Verwicklung in einen Sprengstoffanschlag waren für die Justiz kein Grund, die Bande als „terroristisch“ zu bewerten. Wäre Samast als Terrorist verurteilt worden, wäre seine vorzeitige Freilassung nicht möglich gewesen.
Der Kolumnist der Tageszeitung Cumhuriyet war zunächst wegen eines Berichts über einen in Libyen getöteten MIT-Mitarbeiter zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Nach sechs monatiger Haft wurde er unter Auflagen freigelassen, doch nach einem Artikel über einen Richter am Kassationsgerichtshof wurde gegen ihn Anklage wegen „Beleidigung eines Staatsbeamten“ gestellt. Dies wurde zugleich zum Anlass genommen, die Freilassung aufzuheben. Der Prozess endete jedoch, nachdem der Richter am Kassationsgerichtshof seine Klage zurückzog.
Nach der Entscheidung, in allen 81 Provinzen eigene Bürgermeisterkandidaten aufzustellen, sind einige Gründungsmitglieder und prominente Politiker aus der Partei ausgetreten. Hintergrund ist, dass bei der Kommunalwahl insbesondere in Großstädten die Opposition nur im Bündnis eine Chance auf Erfolg hat. Die Tageszeitung Karar meldete am 17. November, dass der Kandidat der IYI Partei für die Metropole Istanbul der Sprecher der Fraktion im Metropolrat Dr. Suat Sarı ist. Zu den gegenwärtigen Austritten merkt Sarı an, dass er davon ausgeht, dass dies bald durch Neueintritte ausgeglichen werde.
Meral Akşener als Vorsitzende der Partei hat wiederum erklärt, dass die letzte Entscheidung über die Strategie für die Kommunalwahl noch nicht gefallen sei. Andererseits hat sie auch deutlich gemacht, dass sie die bisherige Bündnispolitik nicht fortführen will. Wenn nun trotzdem eine größere Zahl von Spitzenpolitikerinnen und Politikern austritt, deutet dies wohl zumindest darauf hin, dass das Klima nicht günstig ist für innerparteiliche Diskussionen.
Innenminister Soylu hatte Großeinsätze geliebt. Beinahe flächendeckend wurden bei solchen Einsätzen mit tausenden Polizisten Ausweiskontrollen durchgeführt und zahlreiche gesuchte Personen festgenommen. Nun hat Innenminister Yerlikaya das Ergebnis einer in 41 Provinzen durchgeführten Operation gegen unerlaubten Waffenbesitz und –handel vorgestellt. 891 Waffen wurden in drei Tagen sichergestellt, 1.127 Verdächtige festgenommen.
Es ist gut, dass 891 Waffen weniger auf der Straße sind. Vielleicht haben solche Kampagnen auch eine gewisse Abschreckungswirkung. Aber sind solche Operationen effizient? Wie könnte man eine kontinuierliche Kontrolle des Waffenmarktes – von der Herstellung und Einfuhr bis zum Verkauf – sicherstellen?
Von Jahresbeginn bis Oktober weist der Staatshaushalt ein Defizit von 600 Mrd. TL aus. Dies ist besser als erwartet. Dies liegt nicht zuletzt an stark gestiegenen Steuereinnahmen, die vor allem auf die Mehrwertsteuer zurückgehen. Die hohe Inflation hat zu einer verstärkten Nachfrage geführt, doch es ist absehbar, dass die Zinserhöhungen diese dämpfen wird.
Auf der Ausgabenseite sind die Kosten für den Wiederaufbau des Erdbebengebietes noch nicht zu Buche geschlagen. Sie werden darum vor allem die Haushalte 2024 und 2025 belasten. Das erhöhte Zinsniveau ist eine weitere Belastung für die mittelfristige Haushaltsperformanz. Auch ohne kostspielige Wahlkampfversprechen bei der Kommunalwahl im März 2024 wird das kommende Jahr also nicht unbedingt einfach.
CDS als eine Art Ausfallversicherung bei internationalen Krediten richtet sich nach der Risikobewertung von Ländern und ist ein Zuschlag auf die internationalen Leitzinsen. Seit Amtsantritt von Finanzminister Şimşek ist der CDS kontinuierlich gesunken und erreichte nun erstmals eine Marge unter 350 Punkten. Den Spitzenwert erreichte CDS am 14. Juli 2022 mit einem Wert von 900 Punkten.
Ob die verbesserte Risikobewertung auch zu mehr internationalen Investitionen in der Türkei führt, bleibt dagegen offen.
Das internationale Forschungs- und Marketinginstitut IPSOS führt monatlich eine Online-Befragung durch. Im Oktober erwies sich das Verbrauchervertrauen in der Türkei unter 29 einbezogenen Ländern als am niedrigsten. Während der Durchschnitt 47,2 Punkte betrug, erreichte es in der Türkei nur 34,5 Punkte, obgleich es gegenüber September um 2,5 Punkte stieg. 73 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Inflation steigen wird, 76 Prozent geben an, dass ihre Kaufkraft gefallen sei.