Kurzmeldungen: Alle Kurzmeldungen
Die Meldung von gefälschten Dollar-Banknoten hat einige Beunruhigung hervorgerufen. Kein Wunder, denn nach wie vor sichern viele ihre Ersparnisse mit Devisen gegen Abwertungsrisiken der Türkischen Lira. Doch ebenfalls für Beunruhigung dürfte der Plan der Regierung sorgen, den Kommunen den Betrieb von Kindergärten zu verbieten. Drei weitere Bürgermeister wurden abgesetzt, so dass man sich fragt, wann der eigene an der Reihe ist.
Das Ministerium für Stadt und Umwelt hat die Kommunen angeschrieben und sie darauf aufmerksam gemacht, dass ihre Kinderbetreuungsstätten rechtswidrig seien. Dazu erinnerte das Ministerium an ein Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2007. Wie leicht vorstellbar reagierten die CHP-geführten Kommunen mit einem Aufschrei. Die CHP weist darauf hin, dass in den von ihr geführten Kommunen 653 Kindergärten betrieben würden. Ziel sei es, ihre Zahl im kommenden Jahr auf 1.000 zu erhöhen. Derzeit nutzen rund 60.000 Kinder die kommunale Kinderbetreuung. Der Andrang ist so groß, dass die Plätze verlost werden müssen. Zwar gibt es auch private Kindertagesstätten, doch ihre Gebühren liegen um den Faktor 10 über denen der Kommunen.
Einmal abgesehen von den Vorteilen kollektiver Erziehung ist die Kinderbetreuung eine der Voraussetzungen für die Erwerbstätigkeit von Frauen. (Natürlich könnte man sagen: „eines Elternteils“ doch ist die soziale Wirklichkeit in der Türkei, dass die Verantwortung für Kindererziehung und –betreuung weitgehend bei den Frauen liegt.) Die Gebühren für private Kindergärten sind so hoch, dass sie ein komplettes Gehalt auffressen können.
Das Präsidialamt versucht eine „Richtigstellung“. Der Betrieb pädagogischer Einrichtungen wie zum Beispiel einer Vorschule obliegt dem Bildungsministerium. Wenn Kommunen unter dem Namen Kindertagesstätte Vorschuldienste anbieten, so sei dies rechtswidrig. Und von einer Schließungsandrohung sei in dem Schreiben nicht die Rede. Daraufhin veröffentlichte Istanbuls Oberbürgermeister İmamoğlu das Schreiben. Wie schon öfter ging die Desinformation vom Präsidialamt aus.
In einem Kommentar für die Tageszeitung Karar erinnert Elif Çakır an den Hintergrund des Verfassungsgerichtsurteils. Es wurde auf Antrag von CHP-Abgeordneten erwirkt, die verhindern wollten, dass die damals überwiegend AKP-geführten Kommunen Kontrolle über die vorschulische Erziehung erhielten. Angewendet wurde es nicht, im Gegenteil: Beim Metropolgesetz von 2013 wurde Kommunen das Recht zugesprochen, Kindertagesstätten einzurichten.
Dass die Erinnerung an das Verfassungsgerichtsurteil zudem durch das Umwelt für Stadt und Umwelt erfolgt, birgt ebenfalls eine Ironie. Man hätte erwarten können, dass dies durch das Bildungsministeriumerfolgt oder aber durch das für Kommunalaufsicht zuständige Innenministerium. Hämisch erinnern CHPler zudem daran, dass der Minister für Stadt und Umwelt Kurum, als er für das Amt des Oberbürgermeisters von Istanbul antrat, versprach unverzüglich100 neue Kindertagesstätten einzurichten.
Seit der Niederlage bei der Kommunalwahl im Frühjahr bemüht sich die AKP, die Arbeit der Kommunen zu behindern. Sie versucht dies auf finanziellem Wege, in dem sie über Jahre aufgelaufene Schulden bei der Sozialversicherung eintreibt. Gerade wird ein Gesetz beraten, der die Kompetenz für Stadtsanierungsprojekte von den Kommunen an das Ministerium für Stadt und Umwelt überträgt. Und nun wird die Kinderbetreuung auf die Tagesordnung gesetzt. Es ist ebenso durchsichtig wie undemokratisch und dürfte die Popularität der AKP weiter verringern.
Am 29. November wurde der Bürgermeister von Bahçesaray in der Provinz Van abgesetzt. Ayvaz Hazır von der DEM wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten wegen „Verübung im Namen einer terroristischen Organisation ohne deren Mitglied zu sein“ verurteilt. Konkret wird ihm Propaganda für die PKK vorgeworfen.
Da kaum noch eine Woche vergeht, in der nicht ein Bürgermeister der DEM oder CHP wegen Mitgliedschaft oder Propaganda für eine Terrororganisation verurteilt wird, fragt man sich schon, wie viele Terroristen und Sympathisanten es in diesem Land gibt… Oder sind es eher die Maßstäbe, die für eine Verurteilung genügen? Oder werden gerade oppositionelle Bürgermeister zurzeit durchleuchtet, um sie mit Terrorismus in Verbindung zu bringen?
Geschaffen wird damit ein Klima stetiger Beunruhigung. Die Menschen fragen sich, wann ihr Bürgermeister an der Reihe ist. Und natürlich ist es mit einer Aushebelung der Grundrechte verbunden. Genau wie zuvor werden solche Absetzungen verbunden mit einem allgemeinen zehntägigen Verbot von Protesten.
Die protestantische Kirche in Bursa erhielt vom Generaldirektorat für das Stiftungswesen die Aufforderung, ihr Kirchengebäude zu räumen. Das seit 1835 als Kirche genutzte Gebäude wird von allen drei christlichen Konfessionen genutzt und wurde von 2002-2004 nach einer Restauration wieder eröffnet. Im Schreiben des Generaldirektorats wird darauf hingewiesen, dass sich die Kirche in der Nähe einer seismischen Bruchstelle befände und das Risiko bestehe, dass sich aufgrund des hohen Grundwasserspiegels der Boden im Falle eines Erdbebens verflüssige. Doch die Kirche stellte bei genauerem Hinsehen fest, dass die Angabe unrichtig war. Weder die Ortsangabe noch der Abstand von der Bruchzone waren richtig angegeben. Daraufhin wurde ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben. Es kommt zu dem Schluss, dass das Fundament der Kirche auf einem Felsen ruhe und darum keine Gefahr einer Verflüssigung des Untergrundes bestünde. Auch seien alle tragenden Elemente in einem einwandfreien Zustand. Demgegenüber fand die Kirche bei ihren Recherchen heraus, dass es für eine Bausanierung durch das Generaldirektorat für das Stiftungswesen weder ein Projekt noch bereitgestellte Mittel gäbe. Derzeit wird die Kirche von 200 Christen benutzt.
In der Vergangenheit war mehrfach gegen türkische Protestanten vorgegangen worden, denen man „Missionierung“ vorwarf. Bleibt zu hoffen, dass es sich um eine bürokratische Fehlentscheidung handelt. Die Kirche hat nun Klage erhoben.
Der Provinzgouverneur hatte die am Taksim geplante Kundgebung zum internationalen Aktionstag gegen Gewalt an Frauen verboten. Um das Verbot durchzusetzen, wurden am 25. November in bewährter Weise die Zugänge nach Beyoğlu gesperrt, der öffentliche Nahverkehr lahmgelegt. Es kam zu 166 Festnahmen und damit auch zu einer beträchtlichen Gewalt gegen Frauen. Derweil sprach Staatspräsident Erdoğan davon, dass es marginale Kreise seien, die eine Rückkehr zur Istanbul-Konvention forderten. Ob seine rechtlich fragwürdige Kündigung des Vertrags nicht selbst eine „marginale Position“ ist?
Die Wälder im Norden Istanbuls mildern die prekäre Wasserversorgung der Metropole und dank des vorherrschenden Nordwindes verschaffen sie ihr Luft. Aus diesem Grund gelten sie eigentlich als unantastbar. Der Belgrad Wald auf der europäischen Stadtseite genießt den höchsten Schutzstatus. Doch für 150 Hektar gilt dies nun wohl nicht mehr. Sie wurden mit Zustimmung des Generaldirektorats für Wald in den Status eines Nationalparks zurückgestuft. Nationalpark hört sich immer noch recht schutzwürdig an, doch wird dort die Einrichtung von Gastronomie und Hotels erlaubt.
Bereits die Nord-Autobahn mit der neuen Bosporus-Brücke und der neue Flughafen haben große Waldgebiete gekostet. Mit dem geplanten Kanal Istanbul sollen im Norden der Stadt neue Wohngebiete entstehen. Die Versuchung angesichts der Millionen Dollar Gewinne, die sich mit diesen Grundstücken erzielen lassen, scheint einfach zu groß zu sein. Bis die Stadt erstickt und verdurstet.
In der Türkei sind gefälschte 50 und 100 Dollar-Scheine aufgetaucht. Die Fälschung ist so gut, dass sie von Geldzählmaschinen oder Geldautomaten nicht erkannt werden. Devisenbüros haben die Annahme von 50 und 100 Dollar-Banknoten eingestellt. Mit Software-Updates soll nun das Problem behoben werden. Inzwischen haben der Verband der Devisenbüros, die Türkische Zentralbank und die Staatsanwaltschaft Stellung genommen. Zugleich kursiert die Nachricht, dass es sich um ein Volumen von 600 Mio. Dollar oder eine Milliarde Dollar handeln soll. Sie sollen über die südöstlichen Grenzen oder auch aus Bulgarien in die Türkei gekommen sein.
Der Verband der Devisenbüros teilt mit, dass er Zweifel an dieser Nachricht habe. Eine Umfrage unter Devisenbüros hat ergeben, dass in der vergangenen Woche nur zwei gefälschte Banknoten aufgetaucht seien. Auf der anderen Seite ist die Verunsicherung der Kundschaft natürlich ausgesprochen geschäftsschädigend, so dass die Erklärung auch einem Eigeninteresse geschuldet sein kann.
Einwände im Hinblick auf die Größenordnung dagegen wirken plausibel. Wie viel Falschgeld hergestellt oder in die Türkei eingeführt wurden, wissen nur die Täter. Bei einem Volumen von 600 Mio. Dollar auf der Basis von 100 Dollar-Scheinen ergäbe dies 600.000 Banknoten. Sie zu schmuggeln wäre nicht ganz einfach, man benötigte dafür LKWs.
Lag das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal noch bei 5,9 Prozent und im zweiten bei 2,5 Prozent, so ist es im dritten Quartal auf 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Erwartet wurde ein Wachstum von 2,64 Prozent. Gegenüber dem zweiten Quartal 2024 ging es um 0,2 Prozent zurück. Den stärksten Zuwachs zeigte der Bausektor mit 9,2 Prozent, die Industrie verzeichnete einen Rückgang um 2,2 Prozent. Inflationsbereinigt stiegen die Ausgaben der privaten Haushalte um 3,1 Prozent. Löhne und Gehälter stiegen um 76,3 Prozent, der Anteil von Löhnen und Gehältern am Bruttoinlandsprodukt wird mit 36,4 Prozent angegeben.