Jahrgang 2 Nr. 0 vom 8.12.2001
 

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Denktas und Klerides bereit zum letzten Tango?

70 Minuten, die Hoffnung machen

Am 4. Dezember 2001 trafen zum ersten Mal nach 4 Jahren wieder die beiden Volksgruppenführer Zyperns, Glafkos Klerides und Rauf Denktas, zu einem direkten Gespräch an der grünen Grenze zusammen. UN Sonderbotschafter und Schirmherr des Treffens Alvaro de Soto forderte die zahlreich anwesenden
Journalisten vor Beginn des Gespräches auf zu beten. In Anbetracht der geringen Erwartungen, die man an das Treffen im Vorfeld hatte und die teilweise wilden Szenarien, die in der Presse verbreitet wurden und ein schnelles Ende prophezeiten, kann man getrost sagen, dass die Gebete fürs erste erhört wurden.

Die Ergebnisse des 70 minütigen Zusammentreffens überraschten die meisten Politiker und Kommentatoren positiv. Wichtigstes und konkretestes Resultat war die Vereinbarung eines weiteren Treffens für den 15. Januar 2002, bei dem dann über die politische Zukunft der gesamten Insel ohne Vorbedingungen verhandelt werden soll. Auffallend war, dass beide Politiker im Gegensatz zu früheren Treffen vollständig auf gegenseitige Beschuldigungen verzichteten. Denktas zeigte sich anschließend im Nachrichtenkanal CNN Türk zufrieden mit dem Treffen und sprach vom Beginn eines neuen und besonders wichtigen Prozesses. "Zypern ist groß genug für beide Volksgruppen und zu klein, um zu streiten". Denktas sprach weiter von der realen Chance, eine Lösung zu finden, die
beide Seiten akzeptieren könnten und auch von der Türkei und Griechenland unterstützt würde. Sowohl Präsident Sezer als auch Ministerpräsident Ecevit drückten in Ankara ihre Freude darüber aus, dass die Gespräche im Januar fortgesetzt würden.
Die positive Stimmung des Treffens fand ihren Ausdruck in der Einladung Denktas' an Klerides, sich am darauffolgenden Abend im Nordteil zu einem Essen zu treffen. Klerides nahm die Einladung an, die ihn seit 1975 zum ersten Mal wieder in den Nordteil der Insel führte.

Die zypriotische Presse nahm das Treffen durchweg positiv auf, so titelte die türkischsprachige Avrupa "Prost, Denktas und Klerides stoßen auf den Frieden an", Yeni Düzen titelte schlicht: "Endlich!" Die griechischprachigen Zeitungen zeigten sich überrascht über die schnelle Einigung. Alithia spricht
von der Metarmorphose Denktas' und Fileleftheros von einem
"geschichtlichen Vorgang". Neben den vielen positiven Stimmen merken aber die griechischsprachigen Zeitungen auch ihre Skepsis an, in wie weit die verbesserte Atmosphäre
auch zu konkreten Ergebnissen fuehren wird.

Zur Stimmung unter der Zyperntürken wurde vor 9 Monaten eine Umfrage im Nordteil Zyperns durchgeführt und letzte Woche auf CNN Türk vorgestellt. Die Ergebnisse über die politische Zukunft der Insel dürften einige Politiker in Ankara doch gehörig irritieren. Nur 7% der 1085 Befragten favorisieren
demnach eine Vereinigung mit der Türkei, wohingegen 32% die von der Türkei ungeliebte Föderation bevorzugen und 21% eine Konföderation aus zwei Staaten. Es ist also keineswegs so, dass sich die tuerkischen Zyprioten ein Zusammenleben in einem Staat mit den griechischen Zyprioten nicht vorstellen können, sie bestehen einzig auf der weitgehenden Eingenständikeit zweier Teile in einem Staat.

Die Ausgangslage für eine politische Lösung ist sicher besser als von den meisten erwartet, trotzdem sollte man nicht vergessen, dass alle heiklen Fragen bei dem Zusammentreffen ausgeklammert wurden und es "nur" um die allgemeine Bereitschaft ging, in ernsthafte Verhandlungen einzutreten. In
wie weit die positive Stimmung zu einer Vernunfthochzeit beitragen wird, die beiden Seiten gerecht wird, wird sich im Januar zeigen. So weit man das bisher absehen kann, wird Zypern international als ein Land auftreten, was weniger bedeutet als eine Konföderation zweier unabhängiger Staaten, es wird deshalb aber keineswegs zwangsläufig auf eine klassische Föderation hinauslaufen. Beide Teile werden auch in einem Staat über große Eigenständigkeiten verfügen und
an die Föderation nur ein Minimum an Kompetenzen abtreten, vor allem in der Anfangsphase. Die Aufgabe, eine Lösung zu finden, ist weiterhin enorm schwierig, vielleicht aber seit dem 4.12. etwas einfacher.

Ekrem Eddy Güzeldere

 

 

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