Kleine Geschichte Zyperns
Antike Geschichte
8500 v. Chr.
erste nachgewiesene Anwesenheit von Jägern und Sammlern auf der Insel
7000 - 3700 v. Chr.
kontinuierliche Besiedlung durch Einwanderer aus Anatolien und / oder
dem Gebiet des heutigen Syrien.
Gegen Ende der Periode Einführung von Keramik und Landwirtschaft
mit Oliven und Wein.
3700 - 2400 v. Chr.
Weiterentwicklung der Landwirtschaft und der Töpferei, Auftauchen
der ersten Gebrauchsgegenstände aus Metall
2400 - 1900 v. Chr.
Entwicklung des Aussenhandels mit Kreta, Ägypten und Anatolien, Einführung
der Viehzucht (Rinder, Esel,
Pferde).
1900 - 1625 v. Chr.
Entwicklung der zyprischen Kupferindustrie; das Metall wird seit Beginn
des zweiten vorchristlichen Jahrtausends
an den Rändern des Troodos-Gebirges kommerziell abgebaut. Durch den
Export von Produkten aus Kupfer steigt
Zypern zur Grossmacht in der Nahost-Region auf.
1625 - 1125 v. Chr.
Herausbildung stabiler Kleinstaaten aus den regionalen Wirtschaftszentren,
Einwanderung der ersten Griechen
(Archäer) von der Peloponnes-Halbinsel in den Westen Zyperns als
Endstation ihrer Flucht vor den angreifenden
Seevölkern.
1125 - 800 v. Chr.
Einwanderung der Phönizier in den Südteil der Insel als drittes
Bevölkerungselement Zyperns. Die Angriffe der
Seevölker dauern an, durch die dezentrale politische
Struktur ohne empfindliches Machtzentrum übersteht
Zypern
diesen Anturm besser als andere Mächte in der Region. Es bilden sich
zeitweise bis zu 11 Stadtkönigreiche unter
griechischer oder phönizischer Herrschaft.
800 - 500 v. Chr.
Inschriften aus dem 8. Jahrhundert sprechen von einer Übernahme Zyperns
durch das Assyrische Reich, die jedoch
nicht anderweitig belegt ist. Nach einer kurzen ägyptischen Herrschaft
(570 v. Chr.) wird der Einfluss Persiens
grösser.
499 - 323 v. Chr.
Zyperns Kleinstaaten nehmen an den griechisch-persischen Kriegen auf verschiedenen
Seiten teil, die Insel bleibt
jedoch unter persischer Vorherrschaft bis zur Übernahme der Insel
durch Alexander den Grossen.
323 - 58 v. Chr.
Zypern ist Provinz des ptolemäischen Reiches, die Kleinstaaten werdem
aufgelöst und die zentralistische
Verwaltung des ägyptischen bzw. ptolemäischen Königreichs
wird eingeführt, ein hohes Wirtschaftswachstum
bringt relativen Wohlstand, der jedoch erregt das Interesse der neuen
aufstrebenden Grossmacht Rom.
58 v. Chr.- 330 n. Chr.
Eingliederung Zyperns in die römische Provinz Kilikien in Kleinasien.
Die durchweg römischen politischen und
ökonomischen Eliten bevorzugen die griechische Sprache und Kultur,
und ein Hellenisierungsprozess, der auch
von der phönizischen und zypriotischen Bevölkerung mitgetragen
wird, setzt ein. Die Christianisierung der Insel
beginnt mit den Missionreisen von Paulus und Barnabas (44-49 n.Chr.)
Mittelalterliche Geschichte
33 - 1191
Im Zuge der Christianisierung stetzt die zypriotische Kirche die Autokephalie,
ihre eigene gesetzgeberische
Autorität in allen Kirchenangelegenheiten durch. Im 5. Jahrhundert
gerät Zypern in den byzantinisch-arabischen
Machtkampf und wird mehrfach verheert. Nach dem Sieg des byzantinischen
Reiches 965 erfolgt der
Wiederaufbau unter Federführung von Byzanz und abermals wird Zypern
wegen seiner idealen geographischen
Lage zu einer Handelsmetropole mit entsprechendem Reichtum.
Jedoch steht einer kleinen dekadenten Elite aus neureichen Kaufleuten
und korruptem Klüngel in Verwaltung und
Kirche die völlig verarmte und rechtlose Landbevölkerung gegenüber.
Pestepidemien, Hungersnöte und
Piratenüberfälle tun ein übriges und zahlreiche Aufstände
flackern auf. Die Invasion der Insel durch Richard
Löwenherz mit Truppenteilen des 3. Kreuzzugs bringt zwar das Ende
der Anarchie, etabliert jedoch eine neue
Fremdherrschaft, die den grössten Teil der zyprischen Bevölkerung
wiederum in Armut hält.
1192 - 1489
Der deutsche Kaiser Heinrich VI vergibt Zypern im Jahr 1197 als Lehen
an ein obskures westfranzösisches
Grafengeschlecht, das Haus Lusignan. Erneut kommt es zum erfolgreichen
Wiederaufbau und nachfolgendem
Wirtschaftswunder, was diesmal die rivalisierenden Handelsmächte
Genua und Venedig auf den Plan ruft. Den
Machtkampf gewinnt Venedig durch die schon damals bestens erprobten Mittel
der Politik: falsche Verprechen,
Intrigen, Bestechung, Nachhilfe beim Ableben störender Persönlichkeiten.
Die letzte Königin des Hauses Lusignan
erhält 1489, begleitet von massiven Drohungen, das berühmte
Angebot, das niemand ablehnen kann. Zypern
gehört nun zu Venedig.
1489 - 1570
Zypern ist die einträglichste Kolonie Venedigs. Die Administration
ist jedoch ebenso unfähig wie korrupt, vom
Aufbau eines zeitgemässen Verteidigungssystems hält man wenig,
es würde nur Geld kosten und nichts
einbringen. Diese Einschätzung hat den Venezianern allerdings auch
nichts eingebracht, dafür aber den
Osmanen.: Sie eroberten die Insel 1571 ohne nennenswerte Schwierigkeiten.
Osmanische Periode
1571 - 1878
Sofort nach der Übernahme der Insel durch die Osmanen erhält
die Orthodoxe Kirche die ihr von den Lusignans
entzogenen Privilegien zurück, auch die Leibeigenschaft wird abgeschafft.
Eine Verbesserung der wirtschaftichen
Lage der Mehrheit der Bevölkerung gelingt jedoch nicht. Korruption,
Vetternwirtschaft, Ämterkauf, dazu
Dürrekatastrophen und die jährliche Heuschreckenplage verhindern
den Aufbau einer stabilen Wirtschaft. Erst im
19. Jahrhundert erfolgt eine spürbare Verbesserung. Dieser Prozess
kann sich jedoch nicht weiterentwickeln, weil
das untergehende osmanische Reich die Insel als Kompensation für
britische Militärhilfe gegen Russland an
England abtreten muss. Eines hat sich während der drei Jahrhunderte
osmanischer Herrschaft auf Zypern
grundlegend geändert: Die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung.
Seit 2400 Jahren, seit die letzten
Phönizier auf die Insel gekommen waren, hatte es keine tiefgreifende
ethnische Veränderung auf der Insel
gegeben. Nun aber wandern zehntausende osmanischer Türken ein, womit
sich zwei in Kultur, Religion und
Sprache verschiedene Bevölkerungsgruppen auf der Insel befinden.
Britische Kolonie
1878 - 1960
Die Briten sahen Zypern als Bastion gegen das expandierende Russland und
als Stützpunkt zur Verteidigung des
Suezkanals, einem neuralgischen Punkt auf dem Seeweg von und nach Indien.
Dieser Sichtweise entsprechend
wurden die beiden noch heute unter britischer Hoheit stehenden Militärbasen
eingerichtet. Eine wirtschaftliche
Entwicklung der Insel unter Teilhabe der Bevölkerung stand nicht
auf der Tagesordnung. An den elenden
Lebensbedingungen für die grosse Mehrheit der Zyprioten änderte
sich wenig. Dies war der Nährboden, auf dem
die Idee der Enosis, des Anschlusses Zyperns an Griechenland
entstehen konnte. Hatte England nicht auch
andern griechischen Inseln den Anschluss an das Mutterland erlaubt?
Der schwelende Konflikt flammt zum ersten Mal im Jahr 1931 auf, mit blutigen
Zusammenstössen zwischen der
Kolonialmacht und den Enosis-Aktivisten. England reagiert, wie Kolonialmächte
zu reagieren pflegen, seit es
Kolonien gibt: Zuerst mit Bajonetten, dann mit Repressalien und Ausnahmezustand.
Damit schien der Fall
erledigt, er war es zunächst auch, aber nur bis 1945. Am Ende des
zweiten Weltkriegs werden erneut Hoffnungen
auf den Anschluss an Griechenland laut, für England kommt dies nach
wie vor nicht in Frage, die
Militärstützpunkte sind wichtiger. Die Enosis Bewegung ist inzwischen
zu einer straff geführten Organisation
geworden, deren militante Mitglieder ab 1955 mit der Terrororganisation
EOKA aktiv werden. Der Terror - später
umgetauft in Unabhängigkeitskampf - richtet sich gegen die Briten
auf Zypern, gegen griechisch-zypriotische
Enosis Gegner und gegen türkischstämmige Zyprioten. Die Enosis-Bewegung
genoss übrigens von Beginn an die
uneingeschränkte Unterstützung der Orthodoxen Kirche.
Der Unabhängigkeitskampf Zyperns der 1959 endete, ist eine äusserst
merkwürdig Sache, vor allem, weil er kein
Unabhängigkeitskampf war: Die Enosis-Verfechter wollten den Anschluss
Zyperns an Griechenland, wollten also
von einer Abhängigkeit in die andere. Den türkischen Zyprioten
wäre so ziemlich alles recht gewesen mit einer
Ausnahme: Der Anschluss an Griechenland. Die logische Konsequenz für
die türkischstämmige Bevölkerung war
die Forderung nach einer Teilung der Insel.
Des Kolonialkriegs müde und unter Druck gesetzt auch von den westlichen
Verbündeten, gelingt England 1960
eine diplomatische Meisterleistung: Zusammen mit der Türkei und Griechenland
hecken die Briten einen Vertrag
aus, der vor allem zwei Dinge sicher stellt: Die Beendigung des Kolonialkrieges
ohne Gesichtsverlust und den
Weiterbetrieb der britischen Militärbasen. So war man die Verantwortung
für die bockbeinige Kolonie los, und
hatte dennoch das behalten, weshalb man den osmanischen Türken die
Insel seinerzeit abgeluchst hatte:
Militärische Präsenz im östlichen Mittelmeer und im Nahen
Osten.
Dies zu erreichen, war ein historisch einmaliges Konstrukt geschaffen
worden: Eine Republik, die deren Bewohner
schlicht nicht wollten, dafür aber in ihrem Bestand garantiert durch
zwei potentiell feindliche Staaten, die ihre
Aufgabe eher darin sahen, über das Wohlergehen ihrer jeweiligen Bevölkerungsgruppen
auf der Insel zu wachen.
Die dritte Garantiemacht war England, auf dem Papier, wie sich zeigen
sollte.
Unabhängigkeit und Bürgerkrieg
1960 - 1974
Die Republik Zypern (1960 - 1974) hat einen kardinalen Geburtsfehler:
Erzbischof Makarios, der erste und einzige
Präsident der Republik Zypern. Makarios ist ein fanatischer Enosis
Anhänger, kann per Definition also seine
eigene Republik nicht gewollt haben. Der griechisch-zyprischen Seite gehen
die Rechte ihrer türkischen
Landsleute zu weit. Präsident Makarios plant eine Verfassungsänderung,
die ohne weiteres als kalter Staatsstreich
bezeichnet werden kann, würde sie doch den türkischstämmigen-Zyprioten
nur noch einen Minderheitenstatus mit
extrem eingeschränkten Grundrechten zuweisen.
Zu Weihnachten 1963 beginnen planmässige Aktionen gegen die türkische
Minderheitsbevölkerung auf Zypern.
Mit automatischen, aus Militärbeständen stammenden Waffen, greifen
griechisch-zypriotische Zivilisten
ausgesuchte, von türkischstämmigen Zyprioten bewohnte Enklaven
an. Dies ist der Auftakt zu einer
Vertreibungswelle, die zur Ghettobildung der türkischen Minderheit
führen wird. Den türkischstämmigen
Staatsbediensteten bis hinauf zur Ministerebene ist es de facto unmöglich,
weil lebensgefährlich, zur Arbeit zu
erscheinen. Die griechische Seite nimmt dies als Anlass zu behaupten,
die türkische Seite habe freiwillig auf die
Ausübung der ihnen verfassungsmässig zustehenden Ämter
verzichtet. Später werden die Enosis-Anhänger daraus
die Legitimation ableiten, die Republik Zypern nach innen und aussen allein
zu vertreten.
Wegen der anhaltenden Unruhen entsendet die UNO im Frühjahr 1964
eine internationale Friedenstruppe auf die
Insel, die die beiden Konfliktparteien trennen soll.
(1967) schwenkt Präsident Makarios auf eine moderate Linie ein.
Die Enosis, sein bisher vielfach beschworenes
Nahziel, rückt er in eine ferne Zukunft.
Fanatische Befürworter eines Anschlußes an Griechenland, Parteigänger
der Athener Junta, formieren sich darauf
neu und gründen im September 1971 die geheime Terrorgruppe EOKA-B,
wieder unter dem Kommando des
Georgios Grivas, die sich gegen den "Verrat" des Makarios und
seine zunehmend unabhängige politische Linie
richtet. Der Präsident Zyperns kann seine Position nach innen wie
auch auf der internationalen Bühne nachhaltig
festigen, seine Widersacher in Athen und in ihren zyprischen Verstecken
sind dagegen isoliert.
Am 15. Juli 1974 putscht eine Allianz aus EOKA-B und festlandsgriechischen
Offizieren der zyprischen
Nationalgarde. Makarios kann entkommen und begibt sich an den Sitz der
Vereinten Nationen in New York.
In Zypern übernimmt ein berüchtigter Killer, der Zeitungsverleger
Nikos Sampson, das Präsidentenamt. Fünf Tage
darauf, am 20. Juli 1974, erfolgt die militärische Intervention der
Türkei, die sich bei ihrem Vorgehen auf ihr
Recht als Garantiemacht beruft, niedergelegt in Artikel drei des Londoner
Abkommens.
Fortsetzung folgt
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