Kurzmeldungen: Alle Kurzmeldungen
Eine neue Korruptionsuntersuchung gegen einen CHP-Bürgermeister trägt der Regierung den Vorwurf ein, die Justiz als politische Waffe einzusetzen. Hohe Einfuhrzölle haben die Hoffnungen auf den syrischen Markt gedämpft. Die DEM zeigt sich optimistisch, dass dieses Mal die PKK bereit sein könnte, die Waffen niederzulegen, während eine syrische Menschenrechtsorganisation meldet, dass seit Jahresbeginn bereits 29 türkische Drohnenangriffe in Nord-Syrien durchgeführt wurden.
Am 13. Januar wurden neben dem CHP-Bürgermeister des Istanbuler Stadtbezirks Beşkiktaş 39 weitere Personen im Zuge einer Korruptionsuntersuchung festgenommen. Es handelt sich um die dritte Festnahme eines CHP-Bürgermeisters obgleich die Kommunalwahl noch kein Jahr zurückliegt.
Aus den bisher veröffentlichten Aussagen ergibt sich, dass der Verkauf von zwei Immobilien durch den kommunalen Eigenbetrieb Beltaş im Mittelpunkt der Ermittlungen steht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die beiden Immobilien ungefähr zur Hälfte ihres Wertes verkauft wurden. Angesichts eines Wertes von rund 16 Mio. Euro (nach Wertermittlung der Staatsanwaltschaft) ist dies eine bedeutende Gewinnspanne. Die Verbindung zum beschuldigten Bürgermeister stellt die Staatsanwaltschaft über ein Unternehmen her, das ihm gehört. Hier soll durch den überteuerten Verkauf von zwei Fahrzeugen ein persönlicher Vorteil erzielt worden sein. Gegen eine solche Argumentation lässt sich jedoch einwenden, dass dieser Verkauf mehr als einen Monat vor dem kommunalen Immobilienverkauf stattfand und ohne Mitwirkung des Bürgermeisters erfolgte. Gleichwohl wurde er am 16. Januar in Untersuchungshaft genommen.
Die Ermittlung hat mehrere politische Dimensionen. Der Korruptionsverdacht wirft einen Schatten auf die kommunalpolitische Kompetenz der CHP. Dies wird nicht zuletzt dadurch erschwert, dass zumindest das Eigenunternehmen Beltaş bereits Ende 2024 von den Ermittlungen gewusst haben muss. Da der Bürgermeister angibt, keine Kenntnisse von den Vorgängen zu haben, wurde er entweder nicht über die Ermittlungen informiert oder aber hat keine Schritte unternommen, um durch eine behördeninterne Ermittlung die Sache aufzuklären. Die CHP, die auch die Mehrheit im Gemeinderat hat, kündigt an, eine Vertretung für den Bürgermeister zu wählen.
Istanbuls Oberbürgermeister İmamoğlu glaubt, dass sich die Untersuchungen in Istanbul vor allem gegen ihn selbst richten. Der CHP-Vorsitzende Özel spricht von einem Komplott. Eine weitere Kritik ist, dass sich Korruptionsuntersuchungen vor allem auf Kommunen konzentrieren, die von der Opposition geführt werden. Bedenkt man den Aufwand und dieGeschwindigkeit, mit der die Ermittlungen in Beşiktaş durchgeführt wurden, verdichten sich die Fragezeichen. Die Staatsanwaltschaft gibt an, dass erst Ende Oktober 2024 Anzeige gestellt wurde. Um jedoch verwobene Firmengeflechte bis hin zu Kfz-Geschäften im Unternehmen des Bürgermeisters zu ermitteln, bedarf es Personal. Mitgeteilt wurde, dass neun Staatsanwälte und ein leitender Staatsanwalt betraut sind. Über die Anzahl der eingesetzten Polizisten liegen keine Angaben vor.
Auf der anderen Seite werfen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft tatsächlich Fragen über das Immobiliengeschäft auf, denen beizeiten in der Kommune selbst hätte nachgegangen werden müssen.
Ende Dezember wurden zwei türkische Journalisten bei dem Angriff einer türkischen Drohne in Nord-Syrien getötet. Sie waren in einem Zivilfahrzeug unterwegs und wollten über die Kämpfe zwischen den Milizen Demokratischen Kräften Syriens und Syrische Nationalarmee berichten. Die Anwaltskammer Istanbul hatte zusammen mit weiteren Anwaltskammern zu einer Untersuchung aufgerufen. Nun hat die Staatsanwaltschaft Istanbul Klage erhoben, um den Vorstand der Anwaltskammer abzusetzen. Sie stützt die Klage darauf, dass die beiden Journalisten PKK-Mitglieder gewesen seien und die Klage der Anwaltskammer als Unterstützung zu bewerten sei.
International werden gezielte Anschläge auf „Terroristen“ durch Drohnen seit langem diskutiert. Eine befriedigende Lösung für die Grenzen solcher Einsätze gibt es bisher weder im nationalen noch im internationalen Recht. Einen Strafantrag jedoch als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu bewerten, erscheint vor allem als Einschüchterungsversuch.
Die syrische Übergangsregierung hat die Zölle für Importe aus der Türkei um bis zu 500 Prozent erhöht. Ob die Zollerhöhung nur die Türkei betrifft, ist nicht bekannt. Es wird gemeldet, dass täglich 200 LKW aus Jordanien nach Syrien fahren.
Die syrische Industrie hat durch den Bürgerkrieg einen enormen Rückschlag erlitten. Viele Güter des täglichen Bedarfs werden importiert. Auf der anderen Seite würde ein unregulierter Import jedoch mittelfristig die Entwicklung einer eigenen Industrie beeinträchtigen. Auch sollte nicht vergessen werden, dass die Übergangsregierung bei ihrem Amtsantritt eine geplünderte Zentralbank vorfand.
Die Zollentscheidung dämpft die Hoffnung der türkischen Industrie auf den syrischen Markt. Ob die drastische Zollerhöhung aufrecht erhalten wird, hängt wohl nicht zuletzt von der Entwicklung der Inflation in Syrien ab. Es wird Zeit brauchen, bis sich das Land wieder in stärkerem Maße selbst versorgen kann. Aktuell wird die Zollentscheidung jedoch bereits abgeschlossene Geschäfte platzen lassen und damit zu einer Verunsicherung im bilateralen Handel führen.
In einem Beitrag für die Wirtschaftsplattform ekonomim hat Erhan Aslanoğlu auf die Entwicklungen bei den Einzelhandelsumsätzen und der Leistungsbilanz hingewiesen. Im November 2024 stiegen die Einzelhandelsumsätze um 16,4 Prozent. Im gleichen Monat stieg auch das Verbrauchervertrauen und auch die Kfz- und Immobilienverkäufe erreichten einen Höchststand. Bei einem Wirtschaftsprogramm, dass die Inflation durch Verringerung der Nachfolge dämpfen will, wirft dies Fragezeichen auf. Sie setzen sich fort bei der Industrieproduktion, die über weite Teile von 2024 rückläufig war und erst seit November wieder leichte Anstiegstendenzen zeigt. Letzteres ist leicht erklärlich. Der Anteil von Konsumgütern am Import hat sich nahezu verdoppelt. Durch die Aufwertung der Türkischen Lira werden ausländische Produkte wettbewerbsfähiger. So sind die Textilimporte in den ersten elf Monaten 2024 um 15 Prozent gestiegen. Für ein Land, das bisher zu den führenden Exportländern solche Produkte zählt, ist dies eine bemerkenswerte Entwicklung. Gleichwohl hat sich das Leistungsbilanzdefizit im vergangenen Jahr stark verringert. Hauptursache ist die Verringerung der Importe von Rohstoffen und Vorprodukten für die Industrie.
Für die Entwicklung des Außenhandels sind natürlich auch noch andere Faktoren als die Stärke oder Schwäche der Landeswährung ausschlaggebend. Beim Export musste nicht nur die türkische Textil- und Bekleidungsindustrie, sondern auch die Automobilzulieferer bedeutende Rückschläge hinnehmen. Es wird nicht falsch sein, letztere insbesondere auf die Schwäche des deutschen Fahrzeugbaus zurückzuführen. Dieser wiederum hat nicht zuletzt technologische Gründe im Zusammenhang mit der Zunahme der Elektromobilität.
Ein anderer Punkt bei der Leistungsbilanz ist das Fehlerkonto. Es wird benutzt, wenn Einnahmen und Ausgaben der Volkswirtschaft nicht übereinstimmen: ein Restkonto, um die Bilanz auszugleichen. Damit hat sich Servet Yıldırım von ekonomim auseinandergesetzt. Das Leistungsbilanzdefizit ist in den ersten elf Monaten 2024 auf 5,4 Mrd. Dollar zurückgegangen. Doch das Fehlerkonto erreichte ein Defizit von 15,8 Mrd. Dollar, die nicht zugeordnet werden können. Yıldırım weist darauf hin, dass das Fehlerkonto seine Berechtigung hat und sich in jeder Leistungsbilanz findet. Doch sollte sein Volumen zwischen einem halben und einem Prozent bleiben. Gegenwärtig liegt es bei 1,5 Prozent. Mögliche Verdächtige sind Tourismusausgaben und Kofferhandel, die sich schwer einschätzen lassen. Yıldırım weist jedoch auf einen weiteren Verdächtigen hin: den Goldschmuggel. 2023 hatte der Import von Gold die Leistungsbilanz stark belastet. Darum war eine Einfuhrquote verhängt worden. Die Nachfrage nach Gold habe jedoch Verbandsvertretern zufolge nicht nachgelassen. Also werde Gold in einem beträchtlichen Maße geschmuggelt. Vor diesem Hintergrund stellt sich also die Frage, ob das Leistungsbilanzdefizit tatsächlich 5,4 Mrd. beträgt oder weit darüber liegt.
In der dritten Januarwoche häufen sich in Istanbul die Vergiftungen mit illegalem Alkohol. 92 Personen suchten ein Krankenhaus auf, bisher sind 37 von ihnen gestorben. Zugleich wird mitgeteilt, dass in den letzten zwei Wochen 33 Tonnen illegaler alkoholischer Getränke sichergestellt wurden. Angesichts der hohen Alkoholsteuer versprechen illegal hergestellte Spirituosen äußerst hohen Gewinn. Zum Teil bemerken die Konsumenten nicht einmal, dass sie eine gefälschte Spirituose zu sich nehmen, zum Teil können sie sich aber auch regulär verkaufte Getränke nicht leisten und nehmen das Vergiftungsrisiko in Kauf.
Das seit mehr als 150 Jahren in Istanbul-Beyoğlu arbeitende St. Georgs Krankenhaus soll aufgrund wirtschaftlicher Probleme auf Beschluss des Trägers geschlossen werden. Bei change.org ist nun eine Unterschriftenkampagne eröffnet worden, die sich an die österreichische Regierung wendet und für eine Weiterführung dieses Krankenhauses eintritt. Das Krankenhaus genießt aufgrund seiner guten Pflege und seinen Leistungen, die unabhängig von der finanziellen Kraft der Patienten erbracht werden, einen ausgezeichneten Ruf und ist ein wichtiger Teil der Geschichte der Deutschsprachigen in Istanbul.